Stofftasche statt Einkaufswagen: Unterwegs auf den Wochenmärkten Darmstadts

Eier, Honig, Marmelade, Toast und vor allem viel Obst – das habe ich eigentlich immer in meinem Vorratsschrank. Einmal die Woche geht es zum Supermarkt und vorher wird noch gründlich das Prospekt studiert, wann ich welche Produkte am günstigsten bekommen kann. Statt den Bio-Tomaten greife ich normalerweise lieber zu den billigeren Sorten, meist auch noch in Plastik verpackt. Das geht doch besser!

Die Lösung: Ein Wochenmarkt. In meinem unmittelbaren Umfeld befinden sich in Darmstadt gleich drei Märkte, die ich sogar zu Fuß erreichen kann. Wenn ich für meinen Einkauf eine etwas längere Anfahrt auf mich nehmen möchte, stehen mir insgesamt sogar sieben Wochenmärkte in Darmstadt zur Verfügung.

Martinsviertel: Alle wollen Gemüse

Mein erstes Ziel ist der Bauernmarkt auf dem Riegerplatz mitten im Martinsviertel. Acht Stände und Verkaufswägen sind auf dem kleinen Platz aufgebaut, trotz des kalten Wetters herrscht ein reges Treiben. Mütter mit Kinderwägen, ältere Damen mit Stofftaschen und einige, die ihre Einkäufe im Fahrradkorb verstauen. Neben Obst und Gemüse können die Besucher des Marktes hier Fleisch, Brot, Marmelade, Eier, Olivenöl, Honig sowie Käse oder ein ganzes Grillhähnchen kaufen. Ein Großteil meiner alltäglichen Lebensmittel ist also vertreten. Aber wie sieht es mit dem Preis aus? Wo bei Obst und Gemüse der Preisunterschied zwischen Wochen- und Supermarkt nicht allzu groß ist, muss ich bei einem Glas Honig für acht Euro schon schlucken.

Auch eine Flasche Olivenöl würde ich im Supermarkt wesentlich billiger bekommen. Aber dann wäre der Nachhaltigkeitsfaktor natürlich geringer. Frau Gallos von Papagallos erzählt: „Die Familie meines Mannes hat seit Generationen Olivenbäume in Südgriechenland und auch schon immer biologisch angebaut. Jetzt kümmern wir uns um die Vermarktung in Deutschland.“ Zusätzlich achtet das Familienunternehmen auf nachhaltige Verpackungen. Die Nachhaltigkeit scheint auch bei den Besuchern eine große Rolle zu spielen: „Wir kaufen jeden Mittwoch hier das Gemüse für die ganze Woche ein“, erzählt mir eine junge Frau mit einem Baby im Arm. „Ansonsten gehen wir gerne in den Unverpackt-Laden.“

An dem Obst-und Gemüsestand zähle ich mindestens zehn Kunden in der Schlange. Mit einem Taschenmesser schnitzt der Verkäufer einen Apfel in grobe Stücke, die er Kindern und interessierten Kunden anbietet. Die Familie Dörr ist Mitgründer des Bauernmarktes im Martinsviertel, schon seit 25 Jahren verkauft sie hier ihre Produkte. „Obst und Gemüse nach dem Motto saisonal und regional“, beschreibt Matthias Dörr die Produktauswahl. Zusätzlich gibt es Eier vom eigenen Hof und Produkte von anderen regionalen Höfen. Die Kisten, auf die er deutet, sind randvoll mit frischem Obst und Gemüse. Trotz der langen Schlange kann ich mir nicht vorstellen, dass am Ende des Markttages alles aufgekauft ist. „Wir versuchen natürlich, nur die Mengen auf den Markt mitzubringen, die auch gekauft werden“, erklärt Dörr. „Mittwochs und donnerstags kommt aber auch die Darmstädter Tafel.“

Kranichstein K6: Zwischen Fisch und Oliven

Der zweite Markt auf meiner Liste befindet sich in der Kranichsteiner Wohnsiedlung K6. Einige Stände erkenne ich vom Markt im Martinsviertel wieder: Auch hier gibt es einen Obst- und Gemüsehändler, einen Bäcker, eine Käserei, einen Metzger, einen Stand mit Oliven und Schafskäse sowie einen Fischverkauf. Hinter der Theke von Andipasti begutachte ich die großen Holzschalen voller bunter Oliven. Ob die wohl nachhaltig angebaut werden? „Also tatsächlich denke ich nicht, dass Oliven das nachhaltigste Gemüse der Welt sind“, lacht der Verkäufer. „Wir achten natürlich darauf, dass wir eine Auswahl an Bio-Sorten haben, aber das nachhaltigere Konzept bei uns ist, dass die Leute mit ihren Dosen kommen und so Plastik gespart wird.“

Auch hier scheinen sowohl die Besucher als auch die Händler die Entwicklung zum immer nachhaltigeren Einkaufen wahrzunehmen: „Die Leute kommen langsam weg von den großen Läden. Hier ist es einfach frischer und regional“, erzählt mir ein Händler. Während ich darauf warte, mit dem Fisch-Verkäufer zu sprechen, sehe ich mir die Auswahl in seiner Theke genauer an. Neben den Stücken frischen Fischs stehen nur selten die Herkunftsorte. „Die Forellen und Lachsforellen kommen hier aus dem Odenwald“, werde ich aufgeklärt. „Aber Fisch ist ein Produkt, das oft einen langen Weg machen muss. Die Leute wollen eben ihren Thunfisch. Und der kommt diese Woche aus den Malediven, mit dem Flugzeug.“

Bessungen: Kaffee oder Glühwein?

Als ich auf dem Markt nahe der Orangerie ankomme, finde ich neben den altbekannten Obst-, Gemüse, Metzgerei- und Bäckerständen auch einige Stände vor, die ich noch nicht kenne: Ein Blumenhändler, der in der kalten Jahreszeit hauptsächlich Gestecke und Adventskränze anbietet, ein kleiner Wagen, ausgestattet mit einer großen Kaffeemaschine, sowie ein Stand nur bestehend aus einem Biertisch, auf dem Weinflaschen präsentiert werden.

Die Winzergemeinschaft Feligreno ist seit mehr als 10 Jahren auf dem Bessunger Wochenmarkt vertreten. Alle Weine, die der Betrieb anbietet – von Riesling bis Perlwein – sind zertifizierte Bio-Produkte, erzählt mir der Inhaber. Auch der Glühwein, dessen Duft mir bereits entgegenströmt, wird selbst hergestellt. Vier Euro ärmer und mit einer heißen Tasse Bio-Glühwein in der Hand lasse ich den Marktbesuch ausklingen. Trotz der Kälte ist er gut besucht. „Ich gehe oft hier einkaufen. Wegen der Nachhaltigkeit, aber auch wegen den vielen kleinen individuellen Ständen. Das zeichnet den Markt hier in Bessungen aus“, erzählt mir ein junger Mann. Ein anderer Marktbesucher kommt mit seiner Familie jede Woche auf den Markt. „Es geht uns durchaus um die Nachhaltigkeit“, bestätigt er.

So sehen es wohl die meisten Darmstädter, die wöchentlich die Bauernmärkte ihrer Stadt erkunden. Während man bei Obst, Gemüse oder Eiern hier nicht wesentlich tiefer in den Geldbeutel greifen muss als im Supermarkt um die Ecke, fordern die regionalen Honige, hochwertigen Olivenöle und anderen spezielleren Produkte einen höheren Preis, als einem vielleicht lieb ist. Doch es zeigt sich immer mehr: Die Menschen bezahlen gerne ein wenig mehr für ihre Einkäufe, wenn sie dafür ein faires und nachhaltig erzeugtes Produkt erhalten.

Marktplatz am Schloss: ‚Ich muss da hin‘

In der Adventszeit sind die Stände des zentralen Darmstädter Wochenmarktes am Schloss neben dem Weihnachtsmarkt in eine Reihe gequetscht. Hier können die Kunden Obst und Gemüse, Blumen, Honig, Oliven sowie gebratene Pilze kaufen. Das Blumenhaus Könemann ist bereits in der zweiten Generation auf dem Markt vertreten; sein Stand ist seit 1955 Teil des Marktes. Zufrieden scheint der Inhaber nicht zu sein: „Ich finde, der Markt hat sich verschlechtert, und das massiv“, erzählt er mir. „Der Markt bräuchte hier ein anderes Angebot. Es fehlt die Auswahl.“ Sein letzter Satz schwirrt mir noch den ganzen restlichen Tag im Kopf herum:

„Man muss auf dem Markt etwas bieten, dass ein Darmstädter sagt ‚Ich muss da hin‘.“

Und jetzt seid ihr dran! Was macht für euch einen Wochenmarkt aus, den ihr einfach besuchen müsst?

Die Wochenmärkte in Darmstadt


Wochenmarkt Martinsviertel, Riegerplatz
Mittwoch, 8.00 – 12.00

Wochenmarkt Kranichstein, K6
Mittwoch, 14.00 – 18.00

Wochenmarkt Bessungen, Orangerie
Freitag, 14.00 – 18.00

Wochenmarkt Innenstadt, Marktplatz
Mittwoch & Samstag, 8.00. – 14.00

Wochenmarkt Johannesviertel, Johannesplatz
Donnerstag, 13.30 – 18.30

Wochenmarkt Eberstadt, Marktplatz
Samstag, 8.00 – 13.00

Weitere Möglichkeiten für euren nachhaltigen Einkauf findet ihr hier:
https://www.wandelbaresdarmstadt.de/einkaufen/

4 Kommentare zu „Stofftasche statt Einkaufswagen: Unterwegs auf den Wochenmärkten Darmstadts“

  1. Der Artikel ist sehr schön geschrieben, und sehr professionell aufgebaut, super! Jetzt habe ich Lust, auch Mal auf einem Wochenmarkt zu gehen, und dort einzukaufen 🙂

    1. Anna Kuschezki

      Hallo Anna! Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich freue mich, dass dir der Artikel gefällt & dass ich dich auch zu einem Marktbesuch inspirieren konnte. Liebe Grüße 🙂

  2. Schön geschrieben wenn der Schwerpunkt die Nachhaltigkeit ist. Schade ist doch bei den spezielleren Produkten einzig daran und am Preis aufzuhängen statt auch auf die wesentlichen Qualitätsunterschiede im Vergleich zu den Produkten im Handel einzugehen. Laut Stiftung Warentest finden sich gerade bei Olivenöl und Honig kaum „sehr gute“ im Handel. Bei den Produkten auf dem Wochenmarkt handelt es sich um manufakturiell hergestellte Produkte ganz anderer Qualität. Liebe Grüße!

    1. Anna Kuschezki

      Hallo Stephi! Vielen Dank für deinen Kommentar & die konstruktive Kritik 🙂 Wandelbares Darmstadt hat ganz klar den Fokus Nachhaltigkeit, daher ist das auch in unseren Artikeln der wichtigste Aspekt. Wenn wir uns nicht näher mit den einzelnen Produkten beschäftigt haben, sondern wie hier einen Überblick über die vielen Möglichkeiten auf den Darmstädter Wochenmärkten geben, wollen wir uns nicht anmaßen, über die Qualität der Produkte zu urteilen. Trotzdem, finde ich, können unsere Leser sicher nachvollziehen, dass die Produkte auf dem Markt in ihrer Herstellung wenig mit den Industrieprodukten im Supermarkt gemein haben. Vielleicht können wir in einem zukünftigen Beitrag ja genauer auf die Herstellung und Qualität einzelner Produkte eingehen, wir bedanken uns auf jeden Fall für die Anregung! Liebe Grüße 🙂

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