Zero Waste – Ein leben ohne müll

Refuse, reduce, reuse, recycle, rot. Nach diesem Prinzip ist der Zero Waste Lifestyle aufgebaut. Inzwischen ist er längst auch in Deutschland angekommen: Mehrere Unverpackt-Läden und Supermärkte allein in Darmstadt ermöglichen nachhaltigere Alternativen zum Plastikmüll. Verena Klaus lebt seit sechs Jahren Zero Waste. Sie erzählt von ihren Anfängen und verrät wie jeder es schaffen kann, ein bisschen weniger Müll zu produzieren.

Warum Müllvermeidung wichtig ist

Die Welt versinkt im Müll. Laut dem statistischen Bundesamt produziert jede:r Bürger:in in Deutschland ein Müllvolumen von rund 450 kg im Jahr. Das entspricht über 1 kg pro Tag (Stand 2018). Laut Statistiken werden gerade einmal 15% vom Plastikmüll wiederverwertet. Aber was passiert mit dem Rest?

Deutscher Abfall landet sehr oft auf Mülldeponien in Asien. Hotspots sind dabei vor allem Indien, Malaysia und Indonesien. Das führt bei vielen Bewohnern zu Atemwegs- und Lungenerkrankungen – und auch die Verschmutzung der Meere ist seit Jahren ein immer größer werdendes Problem. Rund zehn Millionen Tonnen an Plastikmüll landen jährlich in unseren Gewässern. Videos von Schildkröten mit Plastikstrohhalmen in deren Nasen und Bilder von Walen die qualvoll verendeten, weil ihr Magen mit allerlei Müll gefüllt war, sind traurige Beweise dafür, dass sich etwas ändern muss.

Doch was können wir tun, um unsere Umwelt zu schützen? Eine mögliche Antwort ist Zero Waste.

Zero Waste kommt aus dem amerikanischen und bedeutet wortwörtlich „Null Abfall“. Pionierin war Béa Johnson. Sie teilt ihr abfallfreies Leben seit 2006 durch ihren Blog „Zero Waste Home“ mit der Welt. Dieser gewann mit der Zeit an so viel Aufmerksamkeit, dass daraus ein ganzes Movement wurde. Teil dieses Movements wurde auch Verena. Die 37-jährige kommt ursprünglich aus Darmstadt und entdeckte den Lebensstil vor sechs Jahren.

Wie Zero Waste Verenas Leben veränderte

2012 bricht Verena zu ihrer ersten großen Reise auf. Zusammen mit ihrem damaligen Freund geht es nach Indien. „Da habe ich es zum ersten Mal bewusst mitgekriegt, wie es ist, wenn ein Land keine richtige Müllwirtschaft hat“, erinnert sie sich. Diese Erkenntnis habe sie sehr hart getroffen. Das Plastik verrotte nicht, sondern es mülle dieses wunderschöne Land zu. In vielerlei Hinsicht ist es schädlich für die Gesundheit. In den acht Wochen, in denen sie dort waren, haben Verena und ihr jetziger Mann keinen Salat gegessen: Diverse Giftstoffe machen sich im Boden breit und verhindern, dass man das Gemüse roh essen kann. „Es hat mich alles überfordert. Ich dachte mir, es kann doch nicht sein, dass hier überall der Müll hingeschmissen wird“, erklärt Verena.

Zurück in ihrer Heimat beginnt für sie die Arbeit. Sie zieht einen Vergleich mit Deutschland. Das Ergebnis: Obwohl wir pro Kopf fünf bis zehn Mal so viel Müll produzieren wie Menschen in Indien, sieht man es einfach nicht. Auch sei hier viel mehr verpackt. „Das ist mir erst dann richtig bewusst geworden“, so Verena. Sie fasst den Entschluss, nicht mehr Teil dieser „Ressourcenverschwendung“ zu sein. Ressourcenverschwendung bedeutet für sie, Dinge zu kaufen, die mehr verpackt sind als nötig, sowie Dinge zu konsumieren die nur dafür gemacht sind, nach kurzer Benutzung im Müll zu landen – Einwegbesteck etwa oder Frischhaltefolien. „Am Anfang stand ich vor dem Supermarkt und wusste erstmal nicht, was ich überhaupt kaufen soll“, erzählt sie und lacht dabei, „ich war halt ein bisschen überfordert“.

Der Blog von Béa Johnson war für sie zu Beginn ein guter Ratgeber. „Er hat mir geholfen, mich zu sortieren und zu gucken, was möglich ist und was nicht“, sagt sie. Auch an Grenzen sei sie dabei gestoßen: Null Abfall in allen Lebensbereichen zu produzieren sei schwer möglich, gerade was Lebensmittel betrifft. In Deutschland ist das seit der wachsenden Verbreitung von Unverpackt-Läden mittlerweile sogar etwas einfacher geworden. Im Kreis Darmstadt gibt es sogar zwei davon: Einen in Bessungen und einen im Martinsviertel. Aber natürlich gibt es noch andere Alternativen zu normalen Supermärkten. Für nachhaltiges Einkaufen in Darmstadt haben wir hier eine Liste erstellt.

Ein hilfreiches Prinzip zur Müllvermeidung: Die fünf R’s

Refuse, reduce, reuse, recycle, rot: Mit diesen fünf Prinzipien lässt es sich schaffen, weniger Müll zu produzieren und anzusammeln. Die R’s dienen zur Orientierung. Verena ist auch ein großer Fan davon, gerade für Anfänger sei dieses Prinzip eine gute Gedankenstütze: „Es ist sehr praktisch und hilft dabei, sich nicht zu verzetteln“, erklärt sie. Mittlerweile ist sie so organisiert, dass sie nicht mehr groß darüber nachdenken muss. Aber wenn sie sich doch dabei ertappt, in alte Weisen zurückzufallen, erinnert sie sich an dieses Prinzip. „Refuse ist ein ganz zentrales R“, fügt sie hinzu, „Ich glaube, dass man wahnsinnig viel Müll sparen kann, indem man gar nicht erst zu viel in sein Haus kommen lässt.“

Und wofür genau stehen die R’s?

Refuse: Das Ablehnen unnützer Gegenstände wie Werbegeschenke – so holst du dir nicht nur etwas ins Haus, was du später wieder entsorgen musst, sondern reduzierst auch die Nachfrage an solchen Dingen!

Reduce: Das Reduzieren von Besitz, Konsum und Verpackungen. Brauchst du das wirklich? Geht das nicht auch ohne? Es muss nicht gleich von 100 auf 0 sein – aber je mehr wir reduzieren, desto besser!

Reuse: Das Wiederverwenden von bereits genutzten Gegenständen. Viel lässt sich mehrfach verwenden, sei es im eigenen Haushalt oder durch (Ver-)Leihen.

Recycle: Nicht nur Wertstoffe können recycelt werden (lies hierzu doch mal diesen Artikel!), auch Textilien und Marmeladengläser solltest du nicht einfach in den Restmüll werfen!

Rot: Kann das verrotten? Kann man das kompostieren? Diese Frage hilft oft beim Einkauf!

Ein bewusstes, nachhaltig(er)es Leben

Bevor sie diesen nachhaltigen Lifestyle für sich entdeckte, hatte Verena einen typischen Haushalt: Viele Klamotten, viel Krimskrams. „Es war dieser Klassiker – der Schrank war eigentlich voll, aber ich hatte das Gefühl, ich habe überhaupt nichts zum Anziehen“, erinnert sie sich. Doch je intensiver sie sich mit Zero Waste beschäftigte, desto kritischer dachte sie über die Sachen in ihrem Haus nach. Ihre Erkenntnis: Es haben sich so viele Dinge angesammelt, um die sie sich kümmern muss, für die sie Platz braucht, die aber eigentlich nicht benutzt werden. „Ich hatte Sachen auf Vorrat gekauft, die ich eigentlich gar nicht kaufen muss und die man irgendwann auch einfach vergisst“, erinnert sie sich. Das habe sie sehr reduziert. Wenn sie heute etwas kauft, denkt sie bewusster darüber nach, welchen Einfluss ihre Entscheidungen auf andere hat, sei es in ihrem direkten Umfeld oder im weiteren Sinne. Seit ihrer Reise nach Indien hat sich also viel in ihrem Leben verändert. „Ich habe das Gefühl, dass ich genau an diesen Punkt sein soll in meinem Leben. Zero Waste hat da auf jeden Fall einen ganz großen Einfluss“, sagt sie. Es helfe ihr dabei, bewusster zu leben.

Die Zukunft von Zero Waste

Am Anfang hatte Verena kaum Kontakte zu Gleichgesinnten, aber mittlerweile gibt es mehr Leute, die sich damit beschäftigen. Die Anzahl der Unverpackt-Läden wächst und auf YouTube gibt es viele Menschen, die diesen Lifestyle leben und darüber berichten. Auch Verena geht die Sache ernst an. 2020 erschien ihr Buch „Zero Waste – So geht‘s“ in Neuauflage. Sie organisiert regelmäßig Veranstaltungen und hält Workshops zum Thema Müllvermeidung. „Das Interesse ist gestiegen, teilweise auch in den Schulen. Da war ich mega überrascht“, sagt sie.

Während ihrer Indienreise hat sie außerdem ihr Auto verkauft – ursprünglich, um sich ein größeres zuzulegen. „Nach der Reise entschied ich mich aber, kein neues Auto zu kaufen, sondern eine Bahncard. Ich habe gemerkt, dass auch das ein Aspekt von Zero Waste ist: Unsere Mobilität wird viel zu sehr außer Acht gelassen“, erklärt sie. Darum dreht sich auch ihr beruflicher Werdegang: „Ich studiere Mobilitätsmanagement. Der Ressourcenverbrauch in Bezug zu Mobilität ist sehr hoch.“ Das habe Auswirkungen auf die Umwelt. Ihr Studium beschäftigt sich mit Alternativen, die man ausbauen kann, wie dem Carsharing.

Tipps gegen Ressourcenverschwendung

Wer nachhaltig leben will, muss sich dahinterklemmen. Das geht am besten, wenn man sich für den Anfang etwas aussucht, was einem leicht fällt. Verena hat dafür ein paar Tipps:Fragt euch, ob ihr die Sache wirklich braucht. Vieles wird uns nur von außen suggeriert, dass wir sie brauchen.

  • Ausmisten. Fangt Zimmer für Zimmer an, auszusortieren was brauchbar ist und was nicht. Das kann Zeit und Nerven in Anspruch nehmen, also geht es langsam an. Was ihr nicht mehr braucht, aber noch in gutem Zustand ist, landet nicht im Müll! Verschenkt es an Menschen, die es gebrauchen können, spendet es oder verkauft es.
  • Werdet kreativ. Seht euch um und improvisiert: Vielleicht habt ihr daheim etwas, das ihr umfunktionieren könnt, statt Neues zu kaufen.
  • Aus- und verleihen, anstatt Neues zu kaufen! Schaut doch zum Beispiel mal bei Heinerleih vorbei!
  • Alles aufessen! Wir produzieren viel Bio-Müll. Lebensmittel restlos aufzubrauchen ist ein einfacher Schritt, um ökologischer zu leben.

Verenas Lebensstil zeigt, dass es durchaus möglich ist, in der heutigen Gesellschaft ein umweltfreundlicheres Leben zu führen. Auch wenn es vielleicht nicht ganz ohne Abfall geht, kann jede:r Einzelne von uns dazu beisteuern, weniger Müll zu produzieren. Dafür brauchen wir nichts Neues kaufen. Wenn ihr trotzdem ein paar Gegenstände gegen Zero Waste Alternativen austauschen möchtet, etwa weil sie kaputt gegangen sind und nicht mehr zu reparieren sind, haben wir hier eine Infografik erstellt:

Viel Spaß beim Hinterfragen, Ausmisten und Kreativ-Sein! Ihr braucht noch mehr Infos zum Thema Müllreduzierung in Darmstadt? Schaut doch mal hier rein:

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