Dieter Krellmann, Anna Arnold und Adrian Jost träumen groß. Darmstadt soll grüner werden, Nachbarschaftsgärten und Hochbeete, wo es nur geht. Dafür haben sie die Initiative Essbares Darmstadt gegründet. Doch die beiden brauchen Hilfe, um diese Projekte auch umzusetzen. Dafür arbeiten sie mit vielen verschiedenen Partnern zusammen, den sogenannten Paten.
Einer dieser Paten ist das Familienzentrum „Menschenskinder“ in Darmstadt-Kranichstein. Die Tische und Stühle des Cafés dort sind gebraucht und im Spielgarten für die Kinder gibt es keine vorgefertigten Spielzeuge. „Gestalten statt Verbrauchen“ – danach wird gelebt und gearbeitet. Vieles muss nicht neu angeschafft werden, man kann es auch ausleihen. Oder vielleicht auch einfach ganz darauf verzichten. Nachhaltigkeit sei ein grundlegender Pfeiler der Einrichtung, findet Christa Bauer: „Sie wurde gegründet, um Sachen anders machen zu können.“
Um die 60 Kinder besuchen den Kindergarten des Familienzentrums aktuell. Zusätzlich werden Kinder und Jugendliche mit psychisch kranken Eltern unterstützt, und in der Schreibaby-Ambulanz finden Eltern Hilfe, die sonst nicht mehr wissen, wohin.
Erfolgserlebnisse im Garten
Es gilt: Umwelt-Pädagogik wird großgeschrieben. Einmal in der Woche geht es mit den Kindern in den Wald, doch draußen sind sie jeden Tag. In dem großen Gemeinschaftsgarten des Zentrums lernen sie, Hochbeete zu bepflanzen und zu pflegen. Sie probieren Wildkräuter und erfahren die Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen. Auch 18 verschiedene Sorten Kartoffeln wachsen dort. Diese auszugraben, mache den Kindern besonders viel Spaß, freut sich Bauer: „Es ist wie eine Schatzsuche.“
Mit dazu gehört natürlich auch, die Früchte der eigenen Arbeit zuzubereiten und zu verspeisen. Die Kinder lernen dadurch nicht nur, sich um die Pflanzen zu kümmern, sie erfahren auch Erfolgserlebnisse. Etwas selbst zu tun und sichtbare Erfolge zu erreichen steigere auch das Selbstwertgefühl, erklärt Bauer.
Die Initiative Essbares Darmstadt hat das Familienzentrum vor allem in der Gründungsphase unterstützt. Nun geben sie sich ab und an gegenseitig Tipps und tauschen beispielsweise Saatgut aus. Ein gemeinsames Projekt der beiden ist der Naschpfad: Dort können die Kinder süße Früchte wie Aprikosen und Kirschen direkt in den Mund ernten. Die Kinder lernen so was sie essen können, und was für eine Vielfalt an Geschmäckern es gibt.
Die Initiative Essbares Darmstadt plant, die Paten setzen um
Christa Bauer und das Familienzentrum sind genau das, was die Initiative braucht – praktisch alle Projekte sind nur durch solche Paten möglich. Dieter Krellmann, Anna Arnold und Adrian Jost wollen die Menschen vor Ort miteinbeziehen. Nur so können die Projekte auch langfristig Erfolg haben. „Wir informieren, initiieren und vernetzen“, erzählt Arnold. Die Initiative plant, die Paten setzen um. Jede neue Idee werde für 180% erdacht, wenn es am Ende dann nur 100% werden, ist es auch gut.
Ein anderer Pate ist das Nachbarschaftsbeet auf der Parcusstraße in Darmstadt. Das Gemeinschaftsprojekt der Anwohner und des Vereins „Urban Garden Darmstadt“ versorgt die Gärtner jetzt schon seit mehreren Jahren mit Salaten, Tomaten, Kartoffeln und Wildkräutern. Jeder kann dort gießen, helfen und auch ernten. Es bringt die Menschen zusammen und überwindet Unterschiede.
Nachhaltigkeit funktioniere dann am besten, wenn dadurch positive Mehrwerte geschaffen werden. „Nicht weniger, sondern mehr braucht man. Nicht verzichten, sondern positiv umdenken“, findet Krellmann. Durch bloßes Fingerzeigen bringe man die Leute nur gegen sich auf.
Ein wichtiger Pfeiler der Initiative ist das Open Source Prinzip. Auf der Webseite der Initiative ist alles frei zugänglich. Sie soll als eine Art Wiki dienen, mit Anleitungen zum selber machen und Artikeln über verschiedenste Pflanzen. Aber auch analog ist Teilen ein Kernthema: Im Familienzentrum Menschenskinder, im Unverpackt Darmstadt und natürlich in der Klause kann überzähliges Saatgut abgegeben und getauscht werden.
Die Webseite hilft auch dabei, die vielen Ideen der Inititative zu verbildlichen. Sich nur vorzustellen, wie ein Darmstadt voller Hochbeete aussehen könnte, ist schwer. Mit bearbeiteten Bildern, die beispielsweise eine begrünte Mollerstadt zeigen, wird diese Vision schon klarer. „Wenn jemand sieht, was er haben kann, wird der Wunsch geweckt, es auch zu haben“, verdeutlicht Krellmann.
Die Initiative erarbeitet auf diese Weise Konzepte für die ganze Stadt. Darmstadt habe dafür die idealen Voraussetzungen: Es ist nicht zu groß, um unübersichtlich zu werden, der öffentliche Nahverkehr ist gut ausgebaut und die Stadt selbst hilft mit. Krellmann und Arnold sind bei den Ämtern bekannt und genießen einen Vertrauensvorschuss. Auf der anderen Seite fehle der Stadt natürlich die Freiheit, „over the top“ zu denken und Dinge einfach mal auszuprobieren. Zusammen können sie ihre Stärken vereinen: Die Initiative kann die Projekte der Stadt den Bürgern näher bringen, und die Stadt kann ihre Ressourcen zur Verfügung stellen. Auch die Stadt kann so ein Partner der Inititative sein.
Jeder kann mitmachen
Auch das Brachgrundstück, auf dem das Familienzentrum gärtnert, ist nur gepachtet und gehört der Stadt. Der Gedanke war, auch dort ein richtiges Nachbarschaftsbeet anzulegen, auf dem jeder pflanzen und ernten kann. Das sei für die Nachbarn jedoch kein attraktives Angebot gewesen, einige besäßen dafür ihre eigenen Schrebergärten, erklärt Bauer. Das Konzept von einem Garten, an dem jeder ernten kann, sei dann doch zu schwer zu vermitteln gewesen. Viele der Nachbarn kommen allerdings zum Helfen vorbei. Gerade für die Bewässerung braucht es viel ehrenamtliche Hilfe, der Tagesbetrieb des Kindergartens kann das nicht alleine stemmen.
Die Initiative Essbares Darmstadt wächst mit ihren Paten. Doch es braucht keinen ganzen Kindergarten oder ein Nachbarschaftsbeet, um mitzumachen. Es sei eine reine Einstellungssache, beteuert Arnold: „Wer ein paar Kräuter auf seiner Fensterbank stehen hat, kann Teil der Initiative sein.“
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